Eskedar Minzibel, 26, hat zwei einjährige Zwillingstöchter und lebt in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba. Menschen für Menschen hat ihre Kinder ins Ernährungsprogramm für unterernährte Kleinkinder aufgenommen. Hier erzählt Eskedar ihre Geschichte.
Betteln ist schwer. Denn du musst den Menschen dabei in die Augen schauen. Es soll niemand glauben, dass ich es gerne mache. Und es soll niemand glauben, dass ich das lange machen werde. Ich habe eine Ausbildung. Ich bin selbstbewusst. Ich werde anders leben in der Zukunft.
Aber jetzt gerade ist es eben, wie es ist: Ich gehe mit meinen Zwillingen auf die Vorplätze von Kirchen und bitte die Kirchgänger um Geld. Nur so können wir die Miete für unser Zimmer zahlen, Essen kaufen, überleben.
Afomia und Meba heissen meine Mädchen. Ein Jahr und drei Monate alt sind sie. Als sie neugeboren waren, haben die Menschen mir mehr Geld gegeben als jetzt.
Wir sind noch nicht lange in Addis Abeba, eineinhalb Jahre. Als ich schwanger war, haben wir beschlossen, unser Dorf in der Region Godscham im Westen des Landes zu verlassen und in die Hauptstadt zu ziehen. Wir dachten, hier hätten wir bessere Chancen.
Mein Mann war Tagelöhner. Wir haben kein eigenes Land. Wir haben ein Stück Feld gepachtet. Die traditionelle Abmachung ist, dass der Pächter die Hälfte der Ernte an den Besitzer des Ackers abgibt. Das ist sehr viel. Wir haben Peperoncino angebaut. Aber es gab eine Missernte. Wir hatten also gar nichts in der Hand.
Und dann hat mir die Schwester in der Gesundheitsstation bei der Voruntersuchung gesagt, dass ich Zwillinge erwartete. «Vielleicht ist es für euch besser in der Stadt», sagte sie. Wir dachten, dass sie recht hat. In unserem Dorf und unserem Bezirk gibt es keine richtigen Arbeitsstellen. Das ist das Hauptproblem. Denn eigentlich habe ich einen Abschluss. Ich war an einem TVET, einer Berufsschule, und habe vier Jahre lang eine Ausbildung in Mechatronik gemacht. Aber von unserem Jahrgang mit 27 Absolventen haben nur vier Leute eine Stelle gefunden. Ich habe nur ein paar Monate eine Vertretung für eine Frau machen können, die ein Kind bekommen hatte. Aber nicht in einer Aufgabe, die meiner Ausbildung entsprach, nur als Hilfsarbeiterin in der Verpackung. Das war in einer Limonadenfabrik. Es gibt noch eine Seifenfabrik in unserem Bezirk. Sonst gibt es keine Industrie. Die Konkurrenz um die wenigen Jobs ist hart.
Also entschieden wir uns, in die Stadt zu gehen. Wir fuhren mit dem Bus und es war mir, als ob wir direkt in die Dunkelheit fuhren. So viel Angst hatte ich. Wir fanden in der Stadt ein teures Zimmer und bezahlen dafür 4000 Birr im Monat (Anm. der Redaktion: Das waren zum Zeitpunkt des Gesprächs mit Eskedar rund 61 Franken – in etwa das Monatsgehalt eines jungen Lehrers in Äthiopien).
Hier in der Stadt habe ich meine Kinder geboren. Mein Mann hat keine Ausbildung, er versucht, als Schuhputzer Geld zu verdienen. Es reicht nie, obwohl wir nur zwei Mahlzeiten am Tag einnehmen. Deshalb spreche ich vor den Kirchen die Menschen an und bitte sie um Geld.
Ich liebe meinen Mann. Er liebt mich. Trotzdem gibt es immer wieder Streit. Wegen unserer Armut. Weil wir nicht genug Geld für ein menschenwürdiges Leben haben.
Eine Erleichterung sind die Lebensmittel von Menschen für Menschen. Seit wir die monatlichen Rationen bekommen, nehmen meine Kinder an Gewicht zu.
Aktuell bin ich nur Mutter, aber auf lange Sicht wird mir meine Ausbildung zugute kommen. Ich werde mich auf Stellen bewerben, vielleicht zunächst auch auf solche, die unter meinem Ausbildungsniveau sind. Ich werde dranbleiben, Kurse machen, mich weiterbilden. Ich habe Hoffnung, einmal ein gutes Leben zu haben.
Kindheit ohne Hunger: Unser Ernährungsprogramm
WARUM WIR HELFEN:
Die Kinder in den ärmsten Familien Äthiopiens leiden an Hunger. Dadurch verkümmert ihre körperliche und geistige Entwicklung und ihr Immunsystem ist geschwächt. Das wird schnell lebensbedrohlich. Es kommt vor, dass gerade Kleinkinder im Alter bis zu drei Jahren sterben.
WIE WIR HELFEN:
- Nahrung: Die Mütter erhalten von uns Lebensmittelhilfen, vor allem ein proteinreiches Mehl aus Getreide und Hülsenfrüchten. Daraus können die Mütter einen besonders kräftigenden Brei kochen. Nach spätestens einem halben Jahr sind ihre Kinder normalgewichtig. Dann nehmen wir weitere unterernährte Kinder in unser Ernährungsprogramm auf.
- Wissen: Wir organisieren wöchentliche Gemeinschaftsessen mit gesunder Nahrung. Die Kinder bekommen unter anderem Milch und Gemüse. Gleichzeitig unterrichten wir die Mütter. Sie lernen, wie sie ihr weniges Geld optimal für eine ausgewogene Ernährung ihrer Kinder einsetzen.
- Berufsbildung: Mütter erhalten zudem die Möglichkeit, eine halbjährige Ausbildung in Hauswirtschaft zu absolvieren. Mit dem Abschluss haben sie gute Chancen auf Anstellungen in Hotels und Restaurants. Oder sie können sich mit einem Imbiss-Stand selbstständig machen.
WAS WIR BEWIRKEN:
Unsere Lebensmittel helfen 300 Kindern pro Jahr aus akutem Hunger – unser Unterricht sorgt langfristig für ihre gesunde Entwicklung.
Schenken Sie eine Kindheit ohne Hunger!
Mit 75 Franken beispielsweise sorgen Sie drei Monate lang für kräftigende Zusatznahrung für ein unterernährtes Kind.
Mit 150 Franken stellen Sie sicher, dass ein Kind ein halbes Jahr lang keinen Hunger erlebt und sich langfristig gesund entwickeln kann.