Rahel Tekle musste ihren Partner verlassen. «Er war ein Trinker, es ging nicht mehr», sagt sie. Im Frühjahr 2023 brachte sie ihre neun Monate alte Tochter Afomia zum Impfen in die staatliche Gesundheitsstation. «Das Mädchen wiegt viel zu wenig», sagte die Krankenschwester. «Sie ist unterernährt.» Rahel antwortete: «Ich habe kein Geld für Babynahrung.» Sie fand nur manchmal Arbeit als Wäscherin zu einem winzigen Lohn. Die Krankenschwester riet ihr, das Baby in unser Ernährungsprogramm zu bringen.
Unterernährte Kleinkinder und stillende Mütter bekommen in unserem Ernährungsprogramm ein halbes Jahr lang eine proteinreiche Getreidemischung. Die Mütter werden ausserdem unterrichtet, wie sie ihre Kinder auch mit wenig Geld möglichst ausgewogen ernähren können.
Gleichzeitig erhielt Rahel Tekle zusätzlich einen Ausbildungsplatz zur Hauswirtschafterin. Nur besonders arme Frauen bekommen diese Chance. Ein halbes Jahr lang lernen sie jeden Tag in der Lehrküche. Der Unterricht ist halbtags, damit die Frauen noch Zeit haben für eine Erwerbsarbeit. Besonders wichtig für Rahel Tekle war die projekteigene Kinderkrippe: «Ich konnte mich voll auf den Unterricht konzentrieren und meine Tochter wurde gut versorgt. Sie nahm schnell an Gewicht zu.»
Unlängst nahm Rahel Tekle ihr Zeugnis entgegen. Die Ausbildung geniesst einen guten Ruf. Die Absolventinnen arbeiten in Hotels im Service, in Restaurantküchen oder als Betreuerinnen in Kinderkrippen. Manche der Frauen wollen sich lieber mit einem kleinen Catering-Gewerbe selbständig machen, das sie von zu Hause führen können, damit sie sich dort auch um ihre Kleinkinder kümmern können. Aber alle verlassen die Unterrichtsräume mit neu gewonnenem Selbstvertrauen.
«Ich bewerbe mich in grossen Hotels», sagt Rahel Tekle. «Meine Mutter wird auf meine Tochter aufpassen. Ob ich als Kellnerin oder im Zimmerservice arbeite, ist zweitrangig. Wichtig ist, dass ich jetzt meine Situation verbessern kann.»
WARUM WIR HELFEN
In Addis Abeba können viele Eltern, vor allem alleinerziehende Mütter, ihre Kleinkinder nicht versorgen. Sie sind mangel- und unterernährt, es drohen ihnen Entwicklungsschäden. Die Kinder brauchen Nahrung und die Frauen Möglichkeiten, Geld zu verdienen.
WAS WIR ERREICHEN
- 387 Kleinkinder und 63 stillende Mütter erhielten 2023 proteinreiche Zusatznahrung in unserem Ernährungprogramm
- 273 Frauen schlossen unsere Berufsausbildung zur Hauswirtschafterin
- 1710 Frauen insgesamt haben unsere Ausbildung bislang durchlaufen