Gerechtigkeit für Mädchen
Noch immer werden Mädchen in Afrika vielfach und auf empörende Weise unterdrückt. Darauf weist Menschen für Menschen anlässlich des Weltmädchentags hin. Eine Grundüberzeugung von Karlheinz Böhm, dem Gründer der Äthiopienhilfe, lautete: „Nur wenn wir die soziale Stellung der Frauen verbessern, werden wir die Armut überwinden.“
Beletu Tsegay ist Mutter von fünf Kindern und wurde im Alter von 13 zwangsverheiratet.
In Äthiopien ist Frühverheiratung verboten und die Behörden wenden sich in Aufklärungskampagnen gegen die schädlichen Traditionen im Land. Dennoch ist die Frühverheiratung aufgrund von Armut und fehlender Bildung in Äthiopien immer noch alltäglich: Laut der Nachrichtenagentur Reuters heiraten in Äthiopien vier von zehn Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr – und 16 Prozent gar vor ihrem 15. Geburtstag.
Meist werden sie von ihren Eltern in die Ehen gedrängt – und nicht selten nach traditionellen Entführungen: Ein Mann raubt eine junge Frau und vergewaltigt sie. Damit gilt sie als befleckt und hat in der Zukunft Schwierigkeiten, einen anderen Ehemann zu finden. Also stimmen die Eltern einer Heirat mit dem Vergewaltiger zu. Diese schädliche Tradition wurde 2014 weltweit durch den Film „Das Mädchen Hirut“ bekannt.
Beletu Tsegays Leben in Armut wurde durch die Zwangsverheiratung zementiert. Sie war etwa 13 Jahre alt, als Bogale, ein junger Mann aus ihrem Dorf, sie gemeinsam mit Freunden entführte und zu seiner Hütte brachte. Ein Jahr später kam ihr ältester Sohn Haile zur Welt. Heute ist Beletu Anfang 30, Haile ist 19 Jahre alt: „Ich betrachte ihn mehr als Bruder denn als Sohn, denn als ich ihn bekam, war ich ja selbst noch ein Kind.“
In den folgenden Jahren kamen vier weitere Kinder zur Welt. Der Acker wurde zu klein, um alle zu ernähren. Dann wurde der Esel der Familie gestohlen. „Eines kam zum anderen“, erinnert sich Beletu. „Vor vier Jahren zogen wir in die Stadt, in der Hoffnung, dass hier das Leben besser wird.“
Doch die Konkurrenz um die Hilfsarbeiter-Jobs in der Stadt Debre Berhan ist gross. Die Familie hatte oft nicht einmal Geld für Grundnahrungsmittel. Aus Frust begann Ehemann Bogale zu trinken. Jetzt lag es ganz an Beletu, die Kinder durchzubringen: Eine Geschichte, wie sie Tausende Frauen in Äthiopien so oder ähnlich erzählen können.
Alem ist die Tochter von Beletu und muss dank Menschen für Menschen keine Angst vor einer Zwangsheirat haben.
Besonders tragisch ist, dass sich ihre Ohnmacht in die nächste Generation zu vererben droht: Tochter Alem blieb bereits mit zwölf Jahren der Schule fern, um als Flaschensammlerin ein wenig Geld zu verdienen. Doch ohne abgeschlossene Schule könnte sie niemals eine Arbeitsstelle finden, die ihr Perspektiven auf ein menschenwürdiges Leben bietet.
Deshalb nahm Menschen für Menschen Alem und ihre Geschwister in ihr Kinderprojekt auf. Die Schweizer Stiftung eröffnet den 1000 ärmsten Kindern in der Stadt Debre Berhan, massgeschneidert auf die Bedürfnisse der einzelnen Familie, umfassende Hilfsangebote. Die Kinder von Beletu erhalten Schulbedarf und Lebensmittel, weil sie unterernährt sind. Die Mütter organisiert Karlheinz Böhms Äthiopienhilfe in Selbsthilfe- und Spargruppen. Beletu erhält dort Schulungen über Hygiene, Erziehung und die Grundlagen des Wirtschaftens. Rund um ihre Hütte hat sie mit dem Saatgut von Menschen für Menschen einen Gemüsegarten angelegt. Die Müttergruppen erhalten Kredite. Mit dieser Starthilfe kann auch Beletu Kleinhandel, Hühner- oder Ziegenhaltung betreiben und ein stetiges Einkommen erzielen. Tochter Alem geht jetzt wieder regelmässig zur Schule, statt in den Strassengräben nach Plastikflaschen zu suchen: „Ich möchte Polizistin werden. Oder Kellnerin. Hauptsache eine richtige Arbeit.“
Mit einer Spende von 50 Franken erhalten drei Kinder Schulmaterial und eine Schuluniform für ein ganzes Jahr.
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