Wäscherin oder Bauarbeiterin: Das war die Wahl, die Sabidar hatte. Sollte sie von Hand Kleidung in scharfer Lauge wringen und rubbeln, bis die Fingerknöchel bluten? Sie entschied sich für die zweite Möglichkeit und ging auf den Bau – für einen Hungerlohn. Erst Menschen für Menschen brachte Balance und Harmonie in das Leben der jungen Mutter und ihrer Tochter.
Überall in Äthiopien schleppen schmächtige Frauen Steine und Zement über die Baustellen. Ihre nackten Füsse stecken in Plastiksandalen. Häufig erhalten die Hilfsarbeiterinnen einen Tagelohn von lediglich einem Franken.
«Ich war verzweifelt», erinnert sich Sabidar Getachew an ihre Zeit als Bauarbeiterin in der Stadt Debre Berhan. Ihre kleine Tochter Tesibt musste sie jeden Morgen bei einer Bekannten zurücklassen. Doch trotz des Knochenjobs war nach dem Bezahlen der Miete ihres Zimmerchens in einer Blechbude so gut wie kein Geld übrig. «Einmal hatte ich überhaupt keines mehr. Damit wenigstens Tesibt nicht hungerte, ass ich drei Tage lang nicht“, erzählt die junge Mutter. „Ich dachte: Vielleicht wäre es besser, nicht am Leben zu sein.»
Frauen wie Sabidar, ohne Ausbildung und ganz auf sich allein gestellt, sind zu Elend verdammt. Ausser sie bekommen eine kleine Hilfestellung: Unterricht, wie man ein Geschäft betreibt, und einen Mikrokredit. Aber vor allem auch: Ermutigung. «Ich hatte grosse Angst, einen Kredit zu nehmen. Ich dachte: Was, wenn ich ihn nicht zurückzahlen kann?», erinnert sich Sabidar. «Doch die Sozialarbeiterinnen von Menschen für Menschen unterrichteten und ermunterten mich.» Mit einem Kredit über umgerechnet 100 Franken eröffnete sie einen Kiosk.
Das Geschäft läuft. Die Kunden kaufen Limonade, Seife, Batterien und Fladenbrot. Besonders nachgefragt sei auch Waschmittel in Einzelpackungen, denn viele Familien können sich nur winzige Mengen leisten. Nach Abzug aller Kosten bleiben Sabidar pro Monat 2000 Birr, das sind knapp 70 Franken – mehr als der doppelte Lohn, den sie als Bauarbeiterin hatte. «Tesibt geht nun in die erste Klasse. Das Leben ist jetzt gut!», sagt Sabidar und lächelt. Ihren Kredit hat die junge Mutter abbezahlt: «Wir brauchen keine Hilfe mehr.»
Mit einem Mikrokredit von nur 100 Franken kann sich eine Frau in Äthiopien ein eigenes Geschäft aufbauen. Unterstützen Sie sie dabei: