Die Gesundheitsausgaben betragen in der Schweiz pro Person und Jahr 9666 US-Dollar. In Äthiopien sind es 27 US-Dollar. In der Schweiz kommt ein Arzt auf 232 Einwohner, in Äthiopien auf 12’500 Einwohner. Diese Zahlen der Weltbank bedeuten: Ein Kind armer Eltern, das in Äthiopien eine medizinische Behandlung braucht, hat wenig Chancen auf Heilung. Mit geringen Mitteln lässt sich grosses Leid beenden, das oft durch Geldmangel entsteht – so die Erfahrungen der Schweizer Stiftung Menschen für Menschen. Ein Beispiel zeigt die Leidensgeschichte der kleinen Meaba: Sie litt an einer Geschwulst am Kiefer. Durch die Hilfe unserer Spenderinnen und Spender wurde das Mädchen vollständig geheilt.
Sozialarbeiterin Mulumebet: «So sah Meaba aus, bevor wir ihr halfen.»
ZUNÄCHST WAR DA NUR eine kleine Beule an der rechten Wange: Ihre Mutter Almaz Gezahegn, 31, ging mit der kleinen Meaba zur Gesundheitsstation. Das Personal vermutete eine Mandelentzündung – und schickte Mutter und Kind mit einem Sirup nach Hause.
Doch die Beule verschwand nicht. Nach zwei Wochen ging die Mutter mit Meaba wieder in die Gesundheitsstation. Das Personal sagte, sie möge zu einer Privatklinik gehen. «Aber das können wir uns nicht leisten», sagt Almaz. Sie wäscht die Kleider von Fernfahrern. Ihr Mann Bekele, 35, jobbt als Tagelöhner auf dem Bau. Zusammen verdienen sie weniger als zwei Franken am Tag.
Wer krank ist, bleibt es
Armut in Afrika bedeutet auch: Wer krank wird, bleibt es häufig. Zwar werden in Äthiopien die ärmsten Familien in den staatlichen Gesundheitszentren laut Gesetz gratis behandelt. Aber sehr oft fehlen dort Medikamente, auch gegen gängige Krankheiten. Diese müssen dann von den Patienten selbst in Apotheken gekauft werden. Doch praktisch ihr gesamtes Einkommen müssen sie für Lebensmittel ausgeben. Damit sind Medikamente und erst recht die Behandlung in kostenpflichtigen privaten Kliniken für sie unerreichbar.
Die Beule wuchs weiter. Schliesslich war sie grösser als eine Birne. Almaz zog dem Mädchen ein Halstuch an, um die Schwellung zu verdecken. Trotzdem wurde Meaba ausgeschlossen: Die anderen Kinder in der Nachbarschaft wollten nicht mehr mit ihr spielen. «Ich war verzweifelt», sagt die Mutter. «Ich konnte nichts tun.»
Arme Menschen schaffen es oft nicht, ihr Recht einzufordern. Die meisten können nicht lesen und schreiben, fühlen sich ohnmächtig – und sind es auch. Viele Behördenvertreter behandeln die Ungebildeten als Bürger zweiter Klasse, sie setzen sich nicht für sie ein, damit sie auf die Warteliste für eine Operation kommen.
Eine schwere Zeit liegt hinter Meaba und ihrer Mutter
Glück im Unglück
Meaba hatte Glück im Unglück: In Debre Berhan, einer Stadt mit 140’000 Einwohnern, hat Menschen für Menschen 1200 Kinder aus den ärmsten Familien der Stadt identifiziert. Sie sollen umfassende Lebensperspektiven erhalten. Die Kinder werden mit Lebensmitteln und Schulbedarf gefördert. Weil jeder Krankheitsfall die Entwicklung der Familien gefährdet, hat das Projekt eine Gesundheitskomponente. Alle Kinder erhalten eine jährliche Routineuntersuchung. Bei akuter Erkrankung sorgen die Sozialarbeiterinnen dafür, dass sie in den staatlichen Gesundheitszentren untersucht werden und die entsprechenden Medikamente erhalten. Als Sozialarbeiterin Mulumebet Gezahegn von der Krankheit Meabas erfuhr, half sie der Mutter, eine Überweisung nach Addis Abeba zu bekommen: Wer in Äthiopien schwer erkrankt, muss in die Hauptstadt reisen. Dort befinden sich die wenigen Spezialkliniken.
Zwei Wochen war Meaba mit ihrer Mutter im Yekatit Hospital. Die Ärzte diagnostizierten ein «odontogenes Fibrom», ein seltener gutartiger Tumor, und operierten das Mädchen. Jetzt, drei Monate später, erinnert nur noch eine Narbe am Unterkiefer an Meabas Leiden. Die Kosten für die Reise, die OP und die Medikamente übernahm Menschen für Menschen. Sie beliefen sich auf umgerechnet 253 Franken. Eine kleine Summe angesichts der grossen Wirkung: Meaba wurde von ihren Beschwerden erlöst, ihre Eltern von einer übergrossen Sorge.
Meaba kann wieder unbeschwert spielen
«Wir hätten dieses Geld nie aufbringen können», sagt Almaz. «Aber ebenso wichtig waren die Besuche von Sozialarbeiterin Mulumebet. Ihr Trost, ihr Rat. Nur deshalb ist dieser schreckliche Alptraum vorbei.»
Meaba sitzt auf ihrem Schoss. Die Vierjährige sieht, wie ernst das Gesicht ihrer Mutter wird bei der Erinnerung an die schwere Zeit. Meaba drückt ihr einen Kuss auf die Wange. Dann geht sie vor die Tür zum Spielen.
Armutskrankheiten beenden
Pro Jahr werden rund 150 Kinder behandelt, unter anderem gegen das Augenleiden Trachom. Krätze, Typhus, Fleckfieber und Diarrhö sind weitere hauptsächliche Erkrankungen. «Insgesamt konzentrieren sich die Sozialarbeiterinnen bei ihren Hausbesuchen aber auf Prävention und Gesundheitsförderung, um Armutskrankheiten zu verhindern. Vor allem klären sie über die Bedeutung von Hygiene auf», sagt Kelsang Kone, Geschäftsführer von Menschen für Menschen. «Unzureichende Latrinen, fehlende Abfallentsorgung und mangelhafte persönliche Hygiene sind einige der Hauptursachen, warum Kinder erkranken.» Die Familien, deren Hütten selten an die Wasserversorgung angeschlossen sind, erhalten Plastiktonnen mit einem Zapfhahn und Seifen – so haben die Menschen die Möglichkeit zur Handhygiene. Diese präventive Gesundheitsvorsorge kostet 30 Franken pro Kind und Jahr.
WAS KOSTET GESUNDHEIT?
In der Schweiz kommt ein Arzt auf 232 Einwohner, in Äthiopien auf 12‘500 Einwohner.
In der Schweiz betragen die Gesundheitsausgaben laut Weltbank 9666 US-Dollar pro Person und Jahr. In Äthiopien sind es 27 US-Dollar. Das bedeutet: Ein Kind, das in Äthiopien eine medizinische Behandlung braucht, hat ohne Hilfe von aussen wenig Chancen auf Heilung.
Ohne Menschen für Menschen würden viele Krankheitsfälle von Kindern nicht behandelt werden. Vor allem sorgen wir in den Armenvierteln auch mit präventiven Massnahmen für die öffentliche Gesundheit.
Wir verteilen Seifen und Wasserbehälter zum Händewaschen. Eltern erhalten Schulungen in Hygiene und Vorsorge. Unterernährte Kinder bekommen Lebensmittelhilfen.
Mit 60 Franken im Jahr können wir so die gesundheitliche Entwicklung von zwei Kindern sichern.