Der Stiftungsrat ist das Kontrollorgan von Menschen für Menschen. Kelsang Kone, stellvertretender Geschäftsführer, begleitete die Stiftungsräte Erwin Birchler und Otto Nussbaumer durch die Projektgebiete in Äthiopien. Sie sollten sehen: Wie wirkt unsere Hilfe? Welche Massnahmen bringen die grössten Erfolge?
Stiftungsrat Otto Nussbaumer mit Schülern in Debre Berhan: «Direkt in die Menschen zu investieren, das ist die Kernkompetenz.»
WAS FÜR EIN EMPFANG für den Besuch aus der Schweiz im Dorf Odomiko im Projektgebiet Abaya: Frauen singen und klatschen im Takt. Lachend umringen sie die Gäste, stossen Freudentriller aus. Die Frauen sind Mitglieder der Selbsthilfegruppe «Charagari» («Glück»), die sich auf Initiative von Menschen für Menschen gegründet hat. Die Äthiopienhilfe unterstützt die Frauen mit Schulungen und Kleinkrediten.
Aber bringt das auch etwas? Mit kritischer Haltung fahren Erwin Birchler, Verleger aus Einsiedeln, und Otto Nussbaumer, Unternehmensberater aus Ossingen im Kanton Zürich, durch Äthiopien. Sie sind Mitglieder im fünfköpfigen Kontrollorgan der Stiftung. Kelsang Kone, stellvertretender Geschäftsführer von Menschen für Menschen, zeigt den beiden Stiftungsräten die Hilfsmassnahmen. «Wir müssen immer wieder überprüfen, ob die Arbeit so effizient wie möglich vonstatten geht», sagt Kelsang Kone. «Dabei hilft uns ein frischer Blick von aussen.»
Kelsang Kone: «Um zu überprüfen, ob die Projekte so effizient wie möglich funktionieren, hilft ein frischer Blick von aussen.»
Die Frauen der Selbsthilfegruppe «Charagari» bitten zu über Holzkohle gebrühtem Kaffee und Popcorn. «Ich bin Witwe und ganz auf mich allein gestellt», erzählt eine Mutter von drei Kindern. «Mit meinem Kredit bin ich in den Schafhandel eingestiegen. Als ich vor einigen Monaten an Typhus erkrankte, konnte ich mich nur dank meines neuen Einkommens behandeln lassen!» Eine andere Mutter berichtet stolz, dass sie eine Kuh kaufen konnte und ihre Familie jetzt vom Milchverkauf lebt. Ein Mitglied nach dem anderen erzählt von individuellem Erfolg, der immer mit Schulungen und einem Kleinkredit von umgerechnet 60 bis 300 CHF begann.
«In diesen genossenschaftlichen Gruppen kann man offenbar mit einem kleinen Funken ein grosses Feuer entfachen. Denn die Leute sind fleissig und erkennen ihre Chance», sagt Erwin Birchler. «Direkt in die Menschen zu investieren: Das scheint mir die Kernkompetenz der Stiftung zu sein», bestätigt Otto Nussbaumer. «So zeigen auch die Hilfen für Slumkinder: Mit geringen Beträgen für Lebensmittel und Schulmaterial sichern wir ihre Zukunftschancen.» Kritisch zeigt sich Nussbaumer bei Projekten, die aufwändige Infrastrukturbauten einschliessen: «In der Stadt Shewarobit errichtet Menschen für Menschen eine Sanitärversorgung mit Gemeinschaftstoiletten. Natürlich ist es gerade für Mädchen und Frauen wichtig, Zugang zu Toiletten zu haben. Aber vielleicht wäre das eher eine Aufgabe für die staatliche Entwicklungshilfe.»
Er nehme viele wertvolle Hinweise von der Monitoring-Reise mit, sagt Kelsang Kone. Der Schweizer mit tibetischen Wurzeln arbeitet seit elf Jahren bei Menschen für Menschen: «Wir verstehen uns als lernende Organisation, die ihre Hilfe immer weiter optimieren will.» Dabei sei man «zweifellos auf dem richtigen Weg», betont Erwin Birchler: «Menschen für Menschen erreicht wirklich die Ärmsten der Armen.»