Zürich/Fogera, 26.11.2020 – Klimawandel und Abholzung verstärken die Überschwemmungen in Äthiopien. In Fogera am Tanasee hilft Menschen für Menschen 880 Familien, die in einer Flut im September ihre Existenz verloren haben. Die Kleinbauern erhalten leistungsfähiges Saatgut für einen Neuanfang.
In der Regenzeit öffnet der Himmel über Äthiopien seine Schleusen. Die Niederschläge fallen häufig als sintflutartige Wolkenbrüche. Am Tanasee gab es an einem Tag im September 125 Liter Regen pro Quadratmeter. Das sind mehr als zehn Prozent der Niederschläge, die in Zürich in einem ganzen Jahr zu verzeichnen sind
Die Folge sind wiederkehrende Überschwemmungen, so auch in der Fogera-Ebene östlich des Tanasees. Durch den Klimawandel und vor allem durch die Abholzung der vergangenen Jahrzehnte werden die Wolkenbrüche zerstörerisch. Die heftigen Regen kommen teils später im Jahr als in der Vergangenheit und sind für die Bauern unberechenbar. Früher wirkte der Wald an Hängen und den Berghöhen als Wasserspeicher. Heute strömen die Niederschläge aufgrund der Entwaldung ohne Verzögerung in die Zuflüsse des Tanasees und überschwemmen die Ebene in grösserem Ausmass. Die Waldverluste sind Folge von fehlender nachhaltiger Forstwirtschaft und von Armut: Die wachsende Bevölkerung braucht Bau- und Brennholz und übernutzt die natürlichen Ressourcen.
Leidtragende sind die Kleinbauern, die flussabwärts siedeln: Im Distrikt Fogera am Tanasee zählte die Verwaltung im September 2020 insgesamt 7300 von der Flut betroffene Familien in acht Gemeinden. Häufig pflanzen sie Reis an und sind deshalb auf eine leichte Überflutung angewiesen. Aber in diesem Jahr stand das Wasser knietief auf den Feldern und in den Häusern. Die Familien retteten sich in höhergelegene Gebiete und wurden von staatlichen Stellen mit Nothilfe versorgt.
Verbessertes Saatgut für einen Neuanfang
Völlig mittellos haben die Familien keine Möglichkeit, Geld für Saatgut aufzubringen. Damit sie wieder Fuss fassen, versorgt Menschen für Menschen jetzt 880 Familien mit Teff-Saaten und Mineraldünger. Ausgegeben wird eine besonders leistungsfähige Sorte, so dass hohe Ernteerträge zu erwarten sind. Teff ist das typische Getreide Äthiopiens und Grundlage des täglichen Fladenbrots Injera: Auf den lokalen Märkten erreicht die Zwerghirse mit ihren winzigen Körnern bessere Preise als andere Getreidearten. Teff ist fast doppelt so teuer wie Weizen und dreimal so teuer wie Mais. Das Getreide kann im Dezember ausgebracht werden und braucht nur drei Monate bis zur Ernte.
Pro Kleinbauernfamilie werden rund 30 Franken für Saatgut und Dünger aufgewendet. Damit können Parzellen von 2500 Quadratmeter bestellt werden. Auf dieser Fläche ist mit einem Ertrag von 350 bis 500 kg Teff zu rechnen. Auf den städtischen Märkten ist die Ernte pro Familie je nach Menge und Qualität rund 350 bis 450 Franken wert. Zum Vergleich: Tagelöhner und Hilfsarbeiter in Äthiopien verdienen teilweise nicht mehr als 25 bis 50 Franken im Monat.
Unabhängig von dieser akuten Hilfe führt Menschen für Menschen im Distrikt Fogera ein Projekt durch, das die Menschen widerstandsfähiger gegen den Klimawandel macht. Wesentliche Massnahmen sind Baumpflanzungen und Aufforstungen. In einer eigenen Baumschule werden innerhalb von drei Jahren rund eine Million Bäume gezogen und zusammen mit der einheimischen Bevölkerung gepflanzt.
Über die Stiftung Menschen für Menschen
Menschen für Menschen setzt sich gegen Armut und Hunger ein. Die Stiftung wurde von dem Schauspieler Karlheinz Böhm (1928 – 2014) gegründet. Im Geiste des Gründers schafft das Schweizer Hilfswerk Lebensperspektiven für die ärmsten Familien in Äthiopien. Ziel der Arbeit ist es, dass sie in ihrer Heimat menschenwürdig leben können. Schwerpunkte der einzelnen Projekte sind Frauenförderung, Berufsbildung, Mikrokredite, Kinderhilfe, Familienplanung und landwirtschaftliche Entwicklung. Die Komponenten werden nach den lokalen Bedürfnissen kombiniert und mit sorgfältig ausgewählten einheimischen Partnern umgesetzt.